Analysis

Für Projekt 2 wählte ich drei englische Übersetzungen vom Briefroman Die Leiden des jungen Werthers. Das erste Beispiel The Sorrows of Werter. A German Story wird von Richard Graves und Daniel Malthus 1790 übersetzt und in Dublin veröffentlicht. Erwähnenswert ist, dass diese Version nicht aus dem ursprünglichen deutschen Text, sondern aus einer französischen Übersetzung Les Passions du jeune Werther übersetzt wird. Im Vorwort warnt er den Leser über die Verwendung von extravaganten Wörtern im orginalen Text,  und er gibt die Schuld an Goethes religiöse Gefühlen. (Graves vii).  Er erklärt, dass aus diesem Grund  bestimmte Passagen aus dem ursprünglichen Text aussparen wurden. Im Vergleich zu anderen Übersetzungen lässt der Übersetzer Sätze und ganze Briefe, (mehr als sieben) die den englischen Lesern anzüglich scheinen würden, aus. Zum Beispiel:

“I cannot pray to Heaven, ” that she may be left alone to me” and yet in my mind she frequently appears ‘to be my own property. I cannot implore the Divine Mercy, to give her to me for she is already in the possession of another. Thus I ramble about with sorrow and complainings. Alas! why can I not fly from myself” (Render Brief LXXVIII S. 286).

Auch im zweiten Buch fehlt der Brief vom 4. September, denn der Übersetzer  dachte vielleicht, dass seine Verbindungen mit einem Vergewaltiger für englische Leser zu schockierend waren.

Die zweite Übersetzung The sorrows of Werther: translated from the German of Baron Göethe wird von William Render aus dem Original 1801 übersetzt. Im Vorwort zeigt es, dass er persönlich Werther und Lotte in der Wirklichkeit kennt, und hält Goethe für einen Freund. Mit einer persönlichen Beziehung schlägt er Folgendes vor: “the present Translator is in a peculiar manner qualified for the talk of editing an English edition of this work” (Render xiv). Er gibt zu der Übersetzung auch sein eigenes Gespräch mit dem Werther, das nur wenige Tage vor Werthers Selbstmord passiert wurde. Obwohl William Render entscheidet, Passagen nicht auszulassen, schreibt er statt seinen eigenen Interpretationen zum Text dazu und in manchen Fällen ganze Absätze. Zum Beispiel:

1790 Übersetzung: “…she thanked me and went up the steps” (Graves 9)

1801 Übersetzung: “she dropped me a lowly curtsy, which spoke abundance of thanks, and went her way. The sensations of my heart at the moment convinced me, that I had done right” (Render 17).

Im Gegensatz zu der Übersetzung von Graves und Malthus interpretiert er auch die religiöse und “extravagante” Sprache ziemlich genauer, aber der Ton wird oft geändert. Zum Beispiel verwendet Render seine eigene Meinungen im Text, inbesondere mit Klassengesellschaften. Untere Klassen wurden als “inferior” (Render 15) und “ill-bred” (66) beschrieben.

Die dritte Übersetzung von Stanley Corngold The Sufferings of Young Werther: A New Translation wird auch aus dem ursprünglichen Deutsch übersetzt. Im Unterschied zu vorangegangenen Versionen versucht Corngold den Text deutlich und genau zu übersetzen (to translate “coldly” (Corngold 10)). Im Vorwort erklärt er, dass der Roman kein richtiger Roman ist, sondern eine Erzählung der Emotionen Werthers: “to exhibit a picture of that disordered state of mind, too common in our own country” (Corngold 9). Vielleicht weil diese Übersetzung im 21. Jahrhundert veröffentlicht wurde, können sich Leser mit ihm fühlen. Freud und andere Psychologen haben schon viel über die innere Welt erforscht, und deshalb wird so einer Text leichter akzeptiert.

In Bezug auf Werther als Weltliteratur ist es wichtig zu erforschen, nicht nur inwieweit der Text sich verbreitet hat, sondern auch wie die Botschaft des Textes interpretiert wird. Wenn auch Deutsch und Englisch ziemlich ähnlich sind, sehen wir zwischen Übersetzungen noch bedeutende Unterschiede. Egal ob es durch eine persönliche Wahl des Übersetzers oder eine absichtliche Veränderung ist, kann der Briefroman sehr anders aussehen. Ich kann mir nur vorstellen, wenn der Text in einem anderen Kulturkreis übersetzt ist, wie sehr  die Übersetzung unterschiedlich aussehen kann. Hieraus wird es deutlich, dass “Weltliteratur” viel komplizierter ist, als nur die Erweiterung der Ideen. Auch ist es wichtig nachzufolgen, wie die Konzepte in anderen Kulturen interpretiert oder akzeptiert werden.

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