Analysis

Die drei Übersetzungen, die ich analysiere, sind auf Chinesisch. Sie wurden jeweils im Jahr 1922, 1931 und 1980 übersetzt. Die Version aus dem Jahre 1922 ist die Erste im modernen China nach der feudalen Dynastie. Der damalig bekannte Dichter Moruo Guo übersetzte das Buch direkt nach der Originalfassung. Die zweite Version wurde nach Boylans englischer Version von Mu Luo im Jahre 1931 übersetzt. Im Jahre 1980 ist die dritte Version von dem Gelehrten Wuneng Yang direkt nach der deutschen Version übersetzt worden.

Alle drei Übersetzungen wurden vom chinesischen Publikum in ihrem Zeitalter sehr akzeptiert. Aber genau genommen ist die erste Version keine richtige Übersetzung. Der bekannte Dichter Moruo Guo hat seine eigene Art in jeder Übersetzung, die er geschrieben hat, angewandt. Die Leiden des jungen Werthers war auch keine Ausnahme. Die Bewegung des Vierten, die Studentbewegung, die im Jahre 1919 stattfand, wurde die Aufklärung in China genannt. Guo, einer der bekanntesten Veranstalter der Reform des Sozialsystems und der individuellen Befreiung, betrachtet sich selbst als den chinesischen Goethe. Mit solch einem Selbstbewusstsein und hohen Ruf übersetzte er alle ausländischen Werke mit viel Freiheit und seiner eigenen Kreativität.

Zum Beispiel ist die Übersetzung des Titels eine gute Widerspiegelung davon. Das Buch heißt „少年维特的烦恼“, dessen „少年” Teenager heißt. Der ganze Titel könnte einfach als „Teenager Werthers Sorge“ übersetzt werden. Normalerweise wenn jemand volljährig wird, nennt man ihn „青年“. Nach meinen Recherchen war der Grund für die Benutzung des Wortes „少年“, weil es als romantisch galt. Deswegen konnte das Buch immer mehr Leser erreichen. Dies war eine Entscheidung von Guo und seinem Herausgeber. Aber die Benutzung des Wortes „烦恼“ verstehe ich nicht, und ich habe auch nichts weiter dazu gefunden. Dieses chinesische Wort steht nicht für „ die Leiden“, sondern einfach für „ die Sorge“. Der Grad der Emotion vom Wort „Sorgen“ ist offenbar größer als der des Wortes „Leiden“. Ich glaube, dass der Unterschied etwas mit Konfuzius zu tun hat. Konfuzius förderte den Wert des Neutralismus, welcher die Kernidee in jedem Aspekt des Lebens, im Laufe der chinesischen Geschichte, ist. Das heißt, nicht zu stark oder zu extrem. Nach dieser Norm schien „Leiden“ zu hart für „Teenager“. Deswegen ist die Änderung, die das mildere Wort „Sorge“ benutzte, ein kultureller Unterschied geworden. Nicht nur der Titel, sondern auch die Übersetzung des Inhalts hat den Neutralismus gezeigt. Besonders in strengen Konversationen, wie im Streit zwischen Albert und Werther über Tod. Es gibt viele Einwürfe am Ende der Sätze wie „呐“ und „罢了“, usw. Die Einwürfe erweichen die Modale und schaffen es, dass die Sätze nicht so hart klingen.

Nach der Veröffentlichung der Übersetzung von Guos gab es auch ein großes „Werther Fieber“ im damaligen China. Viele junge Menschen haben auch das Gleiche gefühlt. Damals gab es auch noch keine Freiheiten in der Ehe. Viele geteilte Gesellschaftsklassen und keine individuelle Befreiung. Das Buch markierte ein Zeitalter in China. Viele chinesische und die Übersetzung des Guos galten als klassisch. Deswegen haben die anderen zwei Übersetzer den gleichen Titel benutzt, obwohl es nicht so genau war. Und der Inhalt ihrer Übersetzungen wurde mehr oder weniger von Guos Übersetzung beeinflusst. Denn wenn etwas zum Rang des Standards geworden ist, kann man das schwerer beeinflussen, auch wenn die Änderung besser sein würde.

Ich sehe hier ein perfektes Beispiel von Weltliteratur. Die Weltliteratur ist wie ein Spiegel. Wenn die jungen Leute in China im Jahre 1920 in diesen Spiegel schauten, sahen sie nicht nur Werther, der junge der vor 150 Jahre in Deutschland lebte, sondern auch sich selbst, die jungen Menschen in einer, noch konservativen China.
Weil sie sich mit ähnlichen sozialen Problemen und dem hoffnungslosen Gefühl beziehen konnten. Dies ist die Essenz der Weltliteratur, die als ein großes Medium dafür dient, dass Leute, egal wann und wo, ihre Meinungen und Gefühle äußern können.

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