Analysis

Riccardo Ceronis Werther (1873) und Alberto Spainis I dolori del giovane Werther (1938) sind beide direkte Übersetzungen aus dem ursprünglichen Text. An verschiedenen Stellen sind die beiden Übersetzungen unterschiedlich. Auf den ersten Blick, kann man sofort bemerken, dass der Titel unterschiedlich ubersetzt wurde: Ceroni hat nicht den ganzen Titel übersetzt. Nur „Werther“ lautet der Titel. Im Inhalt des Romans gibt es auch andere Stellen, an denen such die beiden Texte sunterscheiden. Obwohl die beiden Übersetzungen ein Vorwort von Wilhelm enthalten, gibt es in Riccardos Text zusattzlich ein anderes poetisches Vorwort von Goethe selbst. Ceroni degegen dieses Vorwort zwischen Wilhelms und Werthers erstem Brief gesetzt.

Eine andere Stelle, an der die beiden Übersetzungen unterschiedlich sind, ist im Brief des 12. August zu finden. Ceroni und Spaini übersetzen das Wort „Priester“ unterschiedlich („Ihr steht so gelassen, so ohne Teilnehmung, den Unsinnigen, geht vorbei wie der Priester und dankt Gott wie der Pharisaer, dass er euch nicht gemacht hat wie einen von diesen.“). Besonders auffälig is das Wort „Priester“, das Ceroni durch „ministro di Dio“ übersetzt, und Spaini durch das Wort „lo scriba.“[1] Ceronis „ministro di Dio bezeichnet “ auf keinen Fall die breitere Bedeutung des Wortes „Priester.“ Bei Ceroni hingegen wurde „Preister“ durch eine rein christliche Formulierung übersetzt. Im Gegensatz dazu, hat Spaini das Wort „Priester“ klassisch übersetzt. Das Wort „lo scriba“ bedeutet mehr als einen Priester der Kirche: dieses Wort beschränkt sich nicht auf einen christlichen Priester oder den christlichen Gott. Es weist auf die Antike, weil ein „scriba“ einen Verfasser oder einen göttlichnen Diener darstellt (egal ob er Jesus oder den römischen oder griechischen Göttern dient). Meiner Ansicht nach richtet sich Spaini’s „lo scriba“ an Leser, die keine Christin sind. Ceronis „ministro di Dio“ dagegen richtet sich an eine christlich-jüdisch geprägte Welt. Man kann vermuten, dass Spainis Übersetzung ein gutes Beispiel der Weltliteratur ist (im Sinn von Goethe’s Gedanken)!

Eine andere Stelle an der die beiden Übersetzungen unterschiedlich sind, ist im Bezug auf dem Brief des 15. Novembers (aus dem zweiten Buch). Sehen Sie, zum Beispiel die folgenden Sätze an: „Wenn du die grosse Welt ansiehst, so siehst du tausende, denen sie es nicht sein wird, gepredigt oder ungepredigt, und muss sie mir es denn sein? Sagt nicht der Sohn Gottes …“ Ceroni liess unübersetzt nicht nur das Wort „gepredigt oder ungepredigt“ sondern auch die Erwähnung von dem Sohn Gottes. Es gibt eine Lücke in der Übersetzung an dieser Stelle. An der gleichen Stelle in Spaini’s Übersetzung steht das Wort „Kirche“ (“Se tu ti guardi intorno nel vasto mondo, vedrai che vi sono migliaia per i quali essa non lo e stata, migliaia per i quali non lo sara mai, ne in chiesa ne fuori di chiesa, e dovrebbe esserlo prioprio per me?“). In dem Brief hat Goethe niemals den Begriff „Kirche“ erwähnt, aber trotzdem Spaini übersetzt „gepredigt oder ungepredigt“ als „wer in oder ausser der Kirche“ steht. Meiner Ansicht nach legt Spainis Übersetzung einen besonderen Wert auf die katholische Kirche und betont sie überall in seinem Text. Ceronis Übersetzung ist ähnlich, aber sie geht so weit, dass er die Kirche verteidigt, insbesonders an der Stelle, wo Werther ironisch über die Kirche spricht.

Sehen Sie ein letztes Beispiel an, das diesen Punk genauer verdeutlicht. Im Brief aus dem 22. November sagt Werther, dass er nicht beten kann: „Ich kann nicht beten: „lass mir sie“ und doch kommt sie mir oft als die Meine vor. Ich kann nicht beten: „Gib mir sie!“ Denn sie ist eines anderen. Ich witzle mich mit meinen Schmerzen herum; wenn ich mir’s nachliesse, es gäbe eine ganze Litanei von Antithesen.“ Die beiden Übersetzungen dieses Auszugs sind ähnlich. Weder Ceroni noch Spaini benutzen die Form der direkten Rede, wenn sie Werthers Aussage übersetzen. Von den beiden Authoren wurde das Beten durch „beten zu Gott“ übersetzt.[2] Wie kann das geschehen? Wo im Original taucht das Wort „Gott“ auf? An der gleichen Stelle im Original gibt es keinen einzigen Gott als Gegenstand des Betens. Beachtenswert scheint mir, dass die beiden Übersetzungen sehr katholisch-geprägt sind und nicht ein gutes Beispiel der Weltliteratur.

[1] „…passate per la vostra strada come lo scriba e ringraziate Iddio come il fariseo”

[2] [ITAL: „Non posso pregare Iddio di lasciarmela, eppure spesso mi sembra ch’essa mi appartenga. Non posso pregare Iddio di concerdermela perche appartiene ad un altro. Mi diverto a scherzare coi miei dolori; ma se mi lasciasse andare troverei tutta una litania di antitesi.]

Comments are closed.